Rede auf der Friedenskundgebung am 31.08.24 in Oldenburg

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Rede auf der Friedenskundgebung am 31.08.24 in Oldenburg

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Nie seit Ende des Kalten Krieges war die Kriegsgefahr in Europa so groß. Unser Land soll nach den Worten von Minister Pistorius „kriegstüchtig“ gemacht werden. Über niedersächsische Straßen rollt wieder Kriegsmaterial gen Osten und im niedersächsischen Unterlüß läuft die Panzer- und Munitionsproduktion für das massenhafte Töten auf Hochtouren, während gleichzeitig die Sektkorken der Rheinmetall-Aktionäre knallen. Seit Beginn des Krieges hat sich der Aktienkurs von Rheinmetall von 110 € auf 550 € pro Aktie verfünffacht.

Die direkte militärische Konfrontation zwischen Atommächten wird eine reale Gefahr, wenn hier jetzt auch noch amerikanische Mittelstreckenwaffen als Marschflugkörper und Hyperschallraketen mit kürzesten Vorwarnzeiten stationiert werden. Die sollen angeblich mehr Sicherheit bringen. Was ist aber, wenn Putin – wie angekündigt – eine „symmetrische“ Antwort darauf gibt. Dann sind nicht die USA sondern wir in Mitteleuropa bedroht. Und so eine unsere eigene Sicherheit zutiefst angehende Frage soll nicht einmal im Bundestag debattiert oder entschieden werden? Vorsichtige Kritik kam dazu auch aus dem Regierungslager. SPD-Fraktionsvorsitzender Münzenich hatte darauf hingewiesen, dass die Gefahr einer „unbeabsichtigten militärischen Eskalation dadurch erheblich erhöht“ werde. Kaum hatte er das gesagt, fielen die Leitmedien über ihn her. Außenministerin Baerbock behauptete, alles andere als die Stationierung dieser neuen Waffe wäre „nicht nur verantwortungslos sondern auch naiv.“

Nein. Verantwortungslos ist es, den Weg der Entspannung und friedlichen Koexistenz in Europa zu verlassen. Ein neuer Kalter Krieg ist nicht die Lösung. Die damit notwendig verbundene Aufrüstung gefährdet letztlich soziale Rechte und die notwendigen Investitionen für unsere Infrastruktur, auch für den Klimaschutz.

Das betrifft auch die extreme Aufrüstung, wenn man bedenkt, dass ein Kampfjet in einer
Stunde mehr klimaschädliche Emissionen verursacht als ein normaler PKW-Fahrer in
17 Jahren. Brennende Tanklager in der Ukraine und in Russland sind die aktuellste Nachricht einer weiter getriebene Eskalationsstufe des Krieges. Wenn die Grünen sich so verdienstvoll für Klimaschutz einsetzen wollen, warum verschließen sie die Augen vor den ungeheuerlichen Klimaschäden, die dieser Krieg auslöst, wenn die tausende
n zivilen Opfer sie schon nicht zum Nachdenken bewegen?

Seit Beginn des Krieges Russland gegen die Ukraine im Februar 2022 versprechen uns die Regierenden, dass Wirtschaftssanktionen und immer stärker werdenden Waffenlieferungen Russland zwingen würden, sich aus der Ukraine zurückzuziehen. Das hat schon mit dem als Wunderwaffe gepriesenen Leopard-Panzer nicht funktioniert, jetzt werden immer wieder weit reichende Marschflugkörper und Raketen ins Gespräch gebracht, die bis Moskau fliegen können. Die Strategie Selenskys hierzu ist eine drohende Niederlage mit immer weitergehenden Eskalationen abzuwenden und so die NATO auch mit dem Einsatz eigener Verbände direkt in den Krieg hineinzuziehen. Macron hat ja schon den Einsatz sog. „Berater“ empfohlen. Mit „Beratern“ hatte schon der Einsatz von US-Streitkräften im Vietnam-Krieg begonnen. Das Ergebnis ist bekannt.

Es ist wie beim Schachspiel: Ein dummer Spieler macht einen Zug nach vorn und überlegt nicht, was denn wohl der Gegenzug sein könnte. Bei uns sind es dumme Politiker, die nicht erkennen, dass jedes Drehen an der Eskalationsschraube eine Gegen-Eskalation auslöst und damit den Krieg nur verlängert. So wird der Krieg zu einem Stellvertreterkrieg der USA und der NATO gegen Russland, dessen Leidtragende vor allem die Bevölkerung der Ukraine geworden ist und die Risiken , die mit diesem Krieg verbunden sind, liegen bei uns , nicht in den USA. Wir leben mit Russland auf einem Kontinent und dürfen eben nicht übersehen, dass Russland auch Sicherheitsinteressen hat, die man berücksichtigen muss. Das Versprechen die NATO nicht nach Osten zu erweitern, ist gebrochenen worden und hat natürlich auch Ängste ausgelöst.

Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich ist der Krieg Putins gegen die Ukraine ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg. Diese Feststellung beantwortet aber nicht die Frage, wie das Töten beendet werden kann. Ein Krieg kann auch unentschieden enden und mit einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen beendet werden. Es kommt jetzt darauf an, nicht den Krieg sondern den Frieden zu gewinnen.

Völkerrechtswidrige Angriffskriege gibt es ja nun nicht zum ersten Mal. Ohne UNO-Mandat hatte die NATO 1999 Jugoslawien angegriffen. Ohne UNO-Mandat haben die USA Irak – wegen angeblicher Massenvernichtungswaffen, die später niemand gefunden hatte – angegriffen, ebenso Libyen, um einen Regime-Change zu erzwingen. Und ohne Zustimmung der dortigen Regierung halten die USA in Syrien Ölquellen besetzt. Ohne UN-Mandat hat die Türkei das nördliche Gebiet von Syrien, Afrin und einen breiten Grenzstreifen im kurdischen Nordteil des Landes erobert. Gab es da ernsthafte Kritik oder gar den Ruf nach Sanktionen?

Die vom „Westen“ propagierte „Regelbasierte Weltordnung“ lässt sich ganz einfach auf eine Formel bringen: Angriffskriege gegen ein fremdes Land ohne UNO-Mandat sind verboten, es sei denn sie werden von den USA oder anderen NATO-Staaten geführt. Wie lange glauben die Herrschenden denn eigentlich noch, dass wir diese Doppelbödigkeit nicht erkennen? Nein, mit uns kann man diesen Schwindel nicht machen!

Es wird Zeit, dass Vernunft in die Politik zurückkehrt und das bedeutet zuerst, dass Friedensverhandlungen mit dem ersten Schritt eines sofortigen Waffenstillstands aufgenommen werden. Selbstverständlich setzt eine Verhandlungslösung Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten voraus. Das Problem ist jedoch, dass Selenskij Verhandlungen mit Russland per Gesetz verboten hat und Verhandlungsvorschläge von Brasilien, Mexico, China, Indonesien und anderen Ländern, darunter auch vom Papst, arrogant zurückgewiesen wurden. Davon müssen wir erst einmal weg.

Der Gedanke, dass ein Waffenstillstand mit politischem Druck durchgesetzt werden muss, lässt sich auf den Krieg im Gaza-Streifen übertragen. Nach dem Beschluss des Weltsicherheitsrates zum sofortigen Waffenstillstand muss jetzt der politischen Druck auf Israel mit der Androhung Waffenlieferungen einzustellen, ausgeübt werden, damit das massenhafte Töten der Zivilbevölkerung in Gaza beendet wird.

Der Terrorangriff der Hamas am 03.10.23 ist durch nichts zu rechtfertigen. Die überwiegende Zahl der Opfer gehörten zur Zivilbevölkerung in den Kibuzzen und auf dem Nova-Festival. Aber die Antwort der israelischen Regierung darauf hat mit der auch im Völkerrecht gültigen Maxime der Verhältnismäßigkeit nichts mehr zu tun. 41.000 Tote in Gaza durch Bomben, Raketen und Panzer, Vertriebene werden immer wieder neu vertrieben und Verhandlungsbemühungen von Ägypten und anderen Staaten, die auch zur Freilassung der Geiseln führen könnten, werden hintertrieben. Statt dessen setzt Israel seine aggressive Siedlungspolitik auch noch im West-Jordanland fort und vertreibt dort die palästinensische Bevölkerung.

Wir müssen raus aus der Kriegslogik – und das betrifft alle gegenwärtig geführten Kriege – und zu einer internationalen Entspannungspolitik und Zusammenarbeit zurückkehren. Das gebietet auch die Klimakatastrophe. Wenn wir uns einmal klar machen, dass die gegenwärtige Erderwärmung die ganze Erdkugel betrifft, dann ist doch offensichtlich, dass eine Lösung dieser Probleme ohne die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Erde und ohne das Land mit der größten Fläche der Erde gar nicht funktionieren kann.

Es gilt deshalb nach wie vor der Satz von Willy Brandt: Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts. Lasst uns das auch am 3. Oktober in Berlin deutlich machen, wo eine große Friedensdemonstration stattfinden wird. Karten für die Busfahrt nach Berlin gibt es hier.

2024-09-04T14:29:29+00:00